Dienstag, 25. Juni 2013

Helden des Alltags ... Lotti stellt unsere Welt auf den Kopf

... Dienstags ist Heldentagszeit. Und passend zu den aktuellen Ereignissen hätte ich da gleich mehrere Helden. Alles ohne Foto. Aber mit viel Brimborium drumherum.

Wer Zeit und Lust hat und naja auch Zeit hat, möge hier lesen. Oder alternativ bei Roboti liebt vorbeischauen, denn da tummeln sich wieder einige Helden.

Unsere Geschichte begann letzte Woche Mittwoch los. Im hektischen Vorbeilaufen rief meine Kollegin  - wir nennen sie hier Frau S. - mir im Büro zu, daß der Hund weg sei. Nun gut, denke ich, sie läuft ja immer mal 20m vor einem her, kommt aber auch immer wieder zurück. Von daher nichts weiter gedacht und dann irgendwann nach Hause gegangen, da Frau S. dann auch weg war. Am Abend aber schrieb ich doch noch eine SMS an Frau S., ob denn Lotti der Hund wieder da ist. Irgendwie machte ich mir dann doch Sorgen und die wurden jäh in diesem Augenblick noch grösser, als ein kurzes "Nein" auftauchte.

Es war nun schon relativ spät und ich noch beim Sport, also kündigte ich an, daß ich bei Facebook in meinen Status eine Hundesuchmeldung reinpacke, schließlich ist Lotti unser Bürohund, des öfteren auch bei uns und eigentlich zumindest in der Gegend von unserem Büro echt bekannt. Gesagt getan und das Gute an der Sache ist ja dann, daß das auch von Freunden und Kollegen gleich geteilt wurde.

Eine frühere Kollegin, selbst Hundebesitzerin, machte mich dann auf die Seite für entlaufene Hunde in Berlin/Brandenburg aufmerksam, die wir in der selben Nacht noch kontaktierten. Es dauerte keine 30 min, da war auf deren Seite auch eine Suchmeldung für den Hund raus, wie auch schon Mittwoch Abend beim Tierheim, der Polizei, dem Ordnungsamt, der Tiersammelstelle, Tasso und und und. Ich glaube, Frau S., dann die Frau, die ihr damals Lotti vermittelt hat, die Kollegin und ich haben mit Beginn der Vermisstenanzeige nichts ausgelassen. Foren, in denen ich mich in der Freizeit tummle (Geocaching u.a., mein kleiner Blogeintrag hier), Marktplätze wie die Zweite Hand oder Kleinanzeigen - egal, alles wurde von uns genutzt, Hauptsache, dieser Hund kommt wieder.

Nun hofft man ja in einer Stadt wie Berlin, daß die Leute die Augen aufhalten, aber um auch absolut sicher zu sein, wurden auch noch Flyer gedruckt und anfangs nur im Raum Grunewald verteilt, später dann an den Bahnhöfen in grösseren Kreisen. Als sich Donnerstags noch immer nichts getan hat, wurden wir doch alle etwas nervös.
Freitag war mein freier Tag, sodaß ich die komplette Hektik im Büro nicht mitbekam, aber unser Facebookeintrag auf der Seite für entlaufene Hunde in Berlin/Brandenburg wurde mittlerweile schon über 100 mal geteilt, was für diese Zeit sensationell war, denn das betraf nur diese Seite und nicht unseren eigenen privaten Statuseintrag, der ja auch noch weiter geteilt wurde.

Samstag war ich selbst privat leider unheimlich eingebunden und konnte selbst nicht im Grunewald und in Berlin allgemein suchen, versuchte aber alles weiter zu verfolgen. Und genau da geschah unsere erste Horrorvorstellung. Ein Typ postete einen Eintrag, daß er den Hund gesehen habe, Zitat "...auf der Strasse gematscht". Meine ehemalige Kollegin Frau E. vernetzte sich sofort mit der Polizei, die aber von nichts wußte und ich schaute mir den den Typen mit seiner Seite etwas genauer an...ich meine...wenn einer sich "Troll" nennt, dann schwant mir nichts Gutes und wer sich etwas auskennt, der weiß, daß diese Art der Mitglied der Netzgemeinde eher polarisiert bzw. über die Stränge schlägt und so war es auch.

Während ich zum einen versuchte, alle Suchenden, die das bereits gelesen hatte, zu warnen, daß der Eintrag nicht ernstzunehmen ist und wir auf jeden Fall am Ball bleiben müssen, versuchte ich den Troll nochmal zu kontaktieren mit dem Hinweis, daß ich sein Verhalten sehr geschmacklos finde. Nun gut, als Dank wurde ich bzw. wir alle gleich von ihm als PETA Terroristen beschimpft, eine Tirade, die ich gern über mich ergehen ließ, solange er uns dann in Ruhe ließ - was dann auch der Fall war.

Leider hatte Frau S. mittlerweile von dem Eintrag Wind bekommen und war fix und fertig, sie schenkte dann aber zum Glück den Worten keinen Glauben und stürzte sich noch mehr in die Suche.

Ich bekam dann im Laufe des Tages via SMS mit, daß sich unsere halbe Firma in ganz Berlin aufhielt und Flyer verteilte, bestimmt schon 500 Stück. Mittlerweile nicht mehr nur in Steglitz, sondern auch in Ahrensfelde und Co, da wir den Verdacht hatten, daß sie in die S-Bahn gestiegen sein könnte.

 Flyerupdate

Der Sonntag brach an und noch immer hatte sich nichts getan. Ich checkte meine emails und eine Flut an emails brach auf mich ein, denn für Sonntag und Montag wurde alles generalstabsmässig geplant, wie was koordiniert werden kann, wenn der normale Büroalltag wieder losgeht. Aber ganz ehrlich, normal war da schon längst nichts mehr. Seit Samstag geisterten meine Kollegen, deren Partner und Kinder in ganz Berlin rum - mich mit eingeschlossen und hielten immer und überall die Augen auf, klebten wenn möglich Flyer und und und Dann auf einmal gab es eine Sichtungsmeldung, daß der Hund am Schlachtensee gesehen wurde. Sofort ging es da hin, auch da wurde alles nochmal neu mit Flyern gepflastert, insgesamt hatten wir jetzt eine Stückzahl -ich hab gestern Abend mal nachgefragt - von ca 2.000 Stück oder sogar mehr. Sie klebten an Plakaten, unter Scheibenwischern, an Fahrrädern, mit denen die Kollegen durch die Stadt fuhren, auch ich hatte mein Auto beklebt - ich meine, dieser Hund musste doch zu finden sein.

Der gesamte Einsatz war trotzdem umsonst, wir fanden sie nicht. Gegen Abend setzte dann Frau S., die seit ca 3 Tagen nichts mehr wirklich gegessen hatte und an Schlafen war auch nicht zu denken, wirklich noch einen Spürhund ein. Dieser fand auch tatsächlich eine Spur, die bis zum Hüttenweg zum Supermarkt führte und diese Spur wurde später noch durch 3 (!!!) weitere Hunde bestätigt, aber gefunden wurde Lotti nicht.

Meine Wenigkeit ließ es sich nicht nehmen, trotzdem abends nochmal um den Schlachtensee zu laufen und zu fahren, zu rufen, zu warten und zu schauen, immer in der Hoffnung, Lotti endlich in die Arme nehmen zu können. Aber nichts war.

Gestern, Montag, war Frau S. seit 3.30 Uhr wieder auf den Beinen im Wald im Grunewald. Die bestätigte Spur am Supermarkt gab ihr wieder neue Kraft, aber wieder nichts.

Gegen 11.00 Uhr rief sie mich dann an und meinte, sie hätte einen Anruf erhalten von einem Typen, der nur sagte, er hat den Hund und sie sollen sich treffen. Frau S. hatte eigentlich gar keine Lust, dahin zu gehen, denn mittlerweile waren auch einige idiotische und freche Anrufe bei ihr eingegangen, aber letztendlich klammert man sich ja an jeden Strohhalm und so fuhr sie vom Grunewald in Richtung Alexanderplatz, während zwei Kollegen von uns aus dem Büro in Mitte auch dahinkamen - einfach zur Sicherheit, man weiß ja echt nicht, auf wen man so trifft.

Was soll ich schreiben. Kurz nach halb zwölf klingelte mein Telefon und es kreischte in mein Ohr "O Gott, sie ist es, sie ist es, sie ist es...ich bin noch nicht da, ich stehe im Stau, aber sie ist es...." Ruhe reinzubringen war nicht möglich, musste ich auch nicht, ich rief meinen Kollegen an, der bereits am Alexanderplatz war und er bestätigte mir, daß Lotti wieder da ist und schickte mir auch gleich noch ein Foto hinterher.

Ich brauche niemandem zu sagen, was gefühlsmässig alles in uns vorging. Vor allen Dingen fiel in dem Augenblick alles ab. Ich rief sofort meine ehemalige Kollegin Frau E. an, die mittlerweile daran arbeitete, Annoncen in ganz Berlin zu schalten und stoppte das Ganze noch rechtzeitig, denn wie immer hatte sie schon hervorragende Pressearbeit geleistet.

Doch was war wie passiert?

Unsere Lotti ist tatsächlich am Mittwoch am Bahnhof Grunewald in die S-Bahn gestiegen. Aufgegabelt hat der Finder sie an der Friedrichstraße - ohne Halsband. Aber er hat sie nicht zur Polizei gebracht oder ins Tierheim. Nein, er fand sie so toll, daß er sie behalten wollte und seinen Kids eine Freude machen wollte. Laut seiner Aussage hätten ihn seine Freunde aber gewarnt, daß der Hund ja Krankheiten haben könnte und das ja doof wäre wegen der Kinder. Also wollte er mit ihr zum Tierarzt. Aber erst gegen Ende des Monats, da er vorher kein Geld hat. Vom letzten Geld hatte er ihr eine neue Leine geholt - siehe Foto. Ach so und einen neuen Namen hatte sie schon  "Roxy" - seit Mittwoch wohnhaft in Marzahn.

Letztendlich war es ein Bekannter, der dann in Ahrensfelde und Umgebung die ganzen Flugblätter gesehen hat und ihn darauf aufmerksam gemacht hat, daß er den Hund nicht behalten kann. Somit dann der Anruf und das Treffen.

Er erhielt Finderlohn und wir unseren Hund zurück.

Als Lotti zurück ins Büro kam, bildeten meine Kollegen ein Spalier und sie ging durch, direkt in ihren Korb. Es ist kein Witz, es flossen soviele Tränen der Erleichterung.



Ich selbst bin erst gestern abend dann zum gemeinschaftlichen Umtrunk dazugestoßen, wurde aber quasi via Liveticker auf dem Laufenden gehalten. Und während wir mit Lotti in unserer Mitte saßen und tranken, wurden wir ca 6 mal angesprochen, daß der Hund doch gesucht wird. Ein Beweis, daß sie mittlerweile bekannt war wie ein bunter Hund.

Wir haben uns gestern dann auch mit den Damen von der Website für die entlaufenen Hunde nochmal vernetzt. Sie meinten, nur der Eintrag auf ihrer Seite wurde mit dem ständigen Update (Sichtung, Falschmeldung...) über 400 x geteilt - das ist absoluter Rekord. Sie meinten, sie hätten noch nie soviele Leute auf einen Haufen gesehen, die das zusammen durchgerockt haben. Und ich gebe ihnen da recht, auch für mich und meine Kollegen waren die letzten Tage besonders.

Und wenn man mich nun nach meinen Helden fragt, dann wären das zum einen der Finder, der uns Lotti wiedergebracht hat. Dann wären wir selbst, die wir uns jeden Tag aufgerafft haben und nicht die Hoffnung aufgegeben haben. Dann die Betreiber der Website, die das alles ehrenamtlich neben ihrer Vollberufstätigkeit vorantreiben und somit meinen Respekt haben. Dann mein Chef, der das ganze ohne Meckern und Murren mitmachte und es auch gestattete, seinen Monsterdruckkopierfaxdingsda so zu strapazieren, daß die Toner ausgetauscht werden mußten. Und auch mein Mann und meine Kids, die den Hund mitgesucht haben und die leichte Gereiztheit ihrer Mutter geduldig ertrugen und tapfer durch den Wald stapften.

Und wenn ihr mich fragt, ob ich das ganze nochmal machen würde - ja. Denn es ist nicht nur ein Hund. Es ist einfach ein Lebewesen, welches wir alle in unsere Herzen geschlossen haben und welches einfach ein Recht darauf hat, daß es ihm gut geht. Und so sollte es generell sein - egal ob Mensch oder Tier.

Und ja, ich kann auch sagen, daß es in mir etwas ausgelöst hat. Ich schaue nun einfach noch genauer hin auf der Straße, denn es kann sein, daß wieder jemand da ist, der meine / unsere Hilfe benötigt. Und das ist nicht schwer. Augen aufhalten kann jeder. Kostet nichts.

In diesem Sinne meine Lieben, das war mein Held des Alltags. Ein sehr langer Eintrag, aber auch für mich nochmal eine schöne Erinnerung und Reflektion an die vergangenen Stunden und Tage. Lotti ist jetzt erstmal 2 Wochen im Urlaub - nicht in Berlin, was ganz gut ist. Die Flyer reißen wir alle nach un nach ab. Ach so und bevor ich es vergesse: ich habe mich absichtlich nicht darüber geäussert, wie Lotti verschwunden ist, da es für mich einfach ein unentschuldbares Verhalten des betreffenden Dogsitters war und es spielt für die Suche nach Lotti auch keine Rolle. Und noch einen Nachsatz: wir können uns noch nicht ganz einen Reim darauf machen, daß insgesamt 4 Hunde auf die Spur am Schlachtensee angeschlagen haben, wenn Lotti bereits seit Mittwoch in Marzahn war....

Paßt auf Euch auf und Danke an all die, die mir so liebe Zeilen geschickt haben.

Eure Frau M.




12 Kommentare:

  1. Oh mein Gott! Was für eine Geschichte! bIn ich froh, dass sie wieder da ist!!!

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  2. Oh Mann, beim Lesen hatte ich echt Pipi in den Augen!
    Zum einen, weil das echt rührend und bewegend ist, was Ihr gemeinsam auf die Beine gestellt habt!
    Und zum anderen weil ich selbst "Hundemutti" bin - nicht auszudenken, wenn mein Seehund plötzlich verschwunden wäre. Ich glaube, ich würde durchdrehen. Diese Ungewissheit ist ja schrecklich!
    Umso schöner, dass alles gut ausgegangen ist! Ich bin echt froh, dass die Lotti wieder da ist!
    Und an Euch ein großes Kompliment und viel Respekt für das, was Ihr geleistet habt!!! Ihr könnt wahnsinnig stolz auf Euch sein!
    Zauberhafte (und wahnsinnig erleichterte) Grüße,
    die Hanseatin

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  3. Ich freu mich WAHNSINNIG!!!

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  4. Ach ist das schön, ich habs schon bei FB gelesen, das sie wieder da ist, ich freu mich so für euch.
    Unser Familienhund ist 1996 im Tschechienurlaub abgehauen. Er war 2 Wochen weg. Meine Eltern haben auch einiges auf die Beine gestellt um ihn wieder zu finden. Am Abend vor der Abreise stand er dann plötzlich vorm Hotel und fuhr glücklicherweise wieder mit nach Hause. Ich war zum Glück das erste Mal nicht mit meinen Eltern im Urlaub sondern hab erst zu Hause alles erfahren.
    Respekt für eure tolle Suchaktion und noch viele viele tolle Jahre mit Lotti.
    Ganz liebe Grüße!

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  5. GOTT SEI DANK!

    Herzensgrüße,
    Jen

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  6. ich bin beim durchlesen fast geplatzt vor spannung! ich finds ganz großartig, dass ihr kollegen so super zusammenhaltet und lotti wieder da ist, hut ab auch vom finder, er hätt sie auch einfach behalten können und die info vom freund abwinken können ;)

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  7. Wie schön, dass Lotti wieder zu Hause ist!!!
    Ich hab beim Lesen geheult ;) und wünsch der Lotti noch viele schöne Jahre mit ihrer Familien und Freunden.

    LG Silvi

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  8. da sieht man mal was man durch Zusammenhalt alles schaffen kann.
    Hätte jetzt einer alleine oder jeder für sich gesucht,wäre es sicher zu einem anderen Ergebnis gekommen.
    Da aber alle an einem Strang gezogen haben,konnte viel mehr auf die Beine gestellt werden.
    Wahnsinn,ein tolle Geschichte,die ich bis zum letzten Wort mit Spannung gelesen habe.
    Zum Glück ist sie wieder da... :)

    Vielen Dank noch für deinen lieben Kommentar.Verrätst du mir noch auf welcher Vintageseite du die Krömer-Zolnir Dose gesehen hast?
    Ganz lieben Dank und viele Wochenendegrüße
    Christina

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  9. ich bin ganz schön froh - so unbekannterweise :)

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  10. Krasse Geschichte!!! Wie schön, dass Lotti wieder da ist!!

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  11. Krasse Story. Hab mir eben mal alles durchgelesen.
    Ich finds so toll, dass ihr sie wieder habt. Ich hätte
    glaube ich genau so gehandelt! :) Richtig toll & schade,
    dass es Menschen gibt, die den Hund dann einfach behalten wollten.

    Wenn ich einen herrenlosen Hund finden würde. würde ich sofort
    zum Tierarzt fahren und schauen nach einem Chip. Hatte sie denn einen???

    Wenn nicht ganz schnell machen lassen !!!!

    Ende gut alles gut :)

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    1. Helloo! Lieben Dank für Deinen Kommentar. Lotti hat sich mittlerweile wieder im Büro eingelebt, sie hatte jetzt 3 Wochen Auszeit mit Frauchen in Frankreich ;o): Einen Chip hat sie und sie ist auch überall registriert (Tasso...). Nun hat sie auch nen GPS-Empfänger geschenkt bekommen, da müssen wir mal schauen.
      Letztendlich hat man sich aber von dem Dogwalker getrennt, da er einfach am Verschwinden Schuld war und das Verhalten nicht entschuldbar. Schwere Entscheidung, aber ist nun so.
      Liebe Grüsse!

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